“Spaziergang auf dem alten Hahnfluss”
Mit etwas Verzögerung begann das Wanderjahr 2022, nachdem die Märzwanderung nicht stattfinden konnte. Didi zeichnete für diese erste Monats-Wanderung verantwortlich. 19 Wanderfreunde, erfreulich wie unerwartet viele, fanden sich im Norden Coburgs ein.
Vom Treffpunkt Netto-Parkplatz ging es gleich in den Itz-Auwald zum Ursprung des Hahnflusses: Keine Quelle! Der Hahnfluss ist ein Seitenarm der Itz, der sich nahe dem Sagasser-Gelände von der Itz abzweigt und weitgehend am Fuße des Festungsbergs zur Stadt strebt und schließlich nahe der Judenbrücke wieder in die Itz mündet. Hahnfluss leitet sich von „Hainfluss“ ab, weil früher die Ausleitung aus der Itz durch einen Hainwald führte, was sich, wegen dessen Abholzung über „Hanfluss“ (ohne i) zu Hahnfluss wandelte.
Wir folgten dem dreieinhalb Kilometer langem Verlauf.
Der Titel der Wanderung hört sich eigenartig an, beschreibt aber treffend das Thema dieser Monats-Wanderung!

Hahnfluss-Ausleitung

Hahnfluss-Verrohrung
Vom Wehr unterhalb des Sagasser-Geländes folgten wir dem zunächst noch offenen Gewässerlauf, am ASB-Seniorenheim vorbei bis hinterhalb der ehemaligen Scheidmantel-Brauerei. Dort verschwindet der Hahnfluss in eine Rohrleitung, die, 1958 begonnen und im Stadtzentrum 1967 vollendet, den Hahnfluss durch die ganze Stadt „unter Tage“ verlegt. Oberirdische Hinweise auf den ehemals offenen Flusslauf sind Straßennamen wie „Am Bach“ und „Hahnweg“ oder die noch stehenden Überbleibsel der Flussufer-Bäume, die, bis zum Rittersteich erkennbar, entlang des ehemaligen Flussbetts stehen. Didi erläutert unterwegs immer wieder Details. Entlang des ehemaligen Hahnflusses zeugen z.B. die Lohmühle oder die aufgelassene Pulvermühle (jetzt LASCO) davon. Das heutige städtische Schwimmbad „Aquaria“ verdankt seine Entstehung einer teichartigen Ausweitung des früheren Hahnflusses, die von der Bevölkerung als Badestelle genutzt wurde. Der Rittersteich schließlich wird noch heute vom Hahnfluss gespeist und ist die einzige Erklärung für die Beibehaltung der Ausleitung aus der Itz. Unterhalb des Rittersteichs zeugen viele Stationen von der Bedeutung des Hahnflusses in früherer Zeit: die Hahnmühle ist heute zum Hotel mutiert, von der gegenüberliegenden Gerbergasse (Gerberhof) über die Schenkgasse und den Lohgraben deuten allein schon die Namen auf die früher hier angesiedelten und vom Fluss abhängigen Gewerbe hin. In den 60er Jahren war der Lohgraben noch offenes Gewässer, begleitet von einem Weg. Ergänzt wurden die Ausführungen Didis durch Beiträge von Wanderfreunden, die ehemals Zeitzeugen oder gar Anlieger warten. Die Fortführung des Hahnflusses führt über die Mühlgasse, die ehemals reiner Wasserlauf war mit dort ehemals angesiedelten Mühlen und Wasserzugangsstellen. An der Verzweigung Viktoriastraße-Löwenstraße machte der Hahnfluss eine S-Kurve Richtung Itz. Am Ende der Floßstegstraße steht noch ein Brückenbogen (von Max Böhme) über den nunmehr unsichtbaren, weil unterirdischen Hahnfluss, bevor wenig dahinter die Rohre sein Wasser in die Itz entlassen (An diesem Tage eher eine ziemlich trübe Brühe!!! > was den Schluss nahelegt, dass es Anlieger gibt, die den Hahnfluss noch als Entsorgungsmöglichkeit im Stil früherer Jahre sehen).

Brücke ohne Wasser
Nach diesem überaus lehrreichen „Spaziergang“, im wahrsten Sinne des Wortes „auf dem Fluss“, durch die Stadt und einem Teil ihrer Geschichte strebte die Gruppe über die Judengasse dem Einkehrwirtshaus „Zum goldenen Hirschen“ zu. Speis und Trank fanden Zuspruch. Siegfried brachte den Toast auf den Wanderführer Didi aus, dankte für die aufschlussreichen Erläuterungen und die Organisation.
Text/Fotos: Siegfried Scherbel